„Liebst du mich?“ – Geistlicher Impuls
Petrus verleugnete Christus dreimal. Nicht aus Berechnung oder Profitgier wie Judas, sondern aus menschlicher Schwäche, aus Angst um sein Leben. Er bereute diese Tat sofort aufrichtig: Man erinnere sich an seine bitteren Tränen. Voller Scham über seine Tat und voller Reue ging Petrus bis zu dieser Begegnung am Ufer des Sees Tibérias, wo ihn der auferstandene Jesus dreimal fragte: „Simon, liebst du mich?“
Der Evangelist verwendet das Verb „lieben“ mit zwei verschiedenen Begriffen: „agapáo“ und „philéo“, die im Griechischen leicht unterschiedliche Bedeutungen haben. Sollte es jedoch tatsächlich einen semantischen Unterschied zwischen den Wörtern „agapáo“ und „philéo“ geben, so spielt dieser in diesem Fall keine Rolle: Der Autor des vierten Evangeliums selbst macht keinen Unterschied zwischen ihnen. Tatsächlich fragt Jesus Petrus die ersten beiden Male: „Liebst du („agapáo“) mich?“, und beim dritten Mal verwendet er in derselben Frage das Wort „philéo“. Wie später berichtet wird, war Petrus jedoch verärgert, dass Jesus ihn dreimal fragte, ob er ihn liebe (mit dem Wort „philéo“). Daraus wird deutlich, dass der Evangelist selbst die beiden Verben als austauschbare Synonyme verwendet.
Die existenzielle Bedeutung dieser Begegnung am Ufer des Sees Tibérias, die für uns heute von Bedeutung ist, erschließt sich nicht so sehr durch die semantischen Feinheiten des biblischen Textes, sondern durch das Verständnis dessen, was tatsächlich zwischen Petrus, der Christus verleugnete, und dem Verleugneten geschah. Jesus macht Petrus keinen Vorwurf wegen seines Verrats, liest keine Moralpredigten und sagt nicht einmal: „Ich vergebe dir.“ Er fragt nach dem Maß der Liebe, das in seinem Herzen ist. Mit anderen Worten: Egal, wie weit die Wechselfälle unseres Lebens von Gott entfernt sind, egal, wie sehr die Sünde dein Gewissen belastet, es gibt nie völlig hoffnungslose Situationen. Man soll nur erkennen können, dass Jesus irgendwo in seiner Nähe ist und ihm eine einzige Frage stellt: „Liebst du mich noch?“, und es schaffen, zu antworten: „Ja, Herr, du weißt alles …“