Während in der westlichen Kirche Rosenkranz verbreitet ist, ist in der Ostkirche das sogenannte Jesusgebet bedeutsam. Das Jesusgebet, auch Herzensgebet Gebet genannt, ist ein besonders in den orthodoxen Kirchen weit verbreitetes Gebet, bei dem ununterbrochen der Name Jesu Christi angerufen wird. Damit soll die Aufforderung des Apostels Paulus „Betet ohne Unterlass!“ (1 Thess 5,17) erfüllt werden. Verrichtet wird das Jesusgebet oft mit Hilfe einer Gebetskette – im Griechischen „Komboskini“, im Ukrainischen auch als „Tschotki“ bezeichnet –, die aus 33, 50, 100 oder mehr Knoten bestehen kann. Die geschlossene Schnur steht als Zeichen für das nie endende monastische Gebet. Sie wird verwendet, weniger, um die Gebete zu zählen, vielmehr als Hilfe zur Konzentration und für einen gleichmäßigen Rhythmus. In der orthodoxen Kirche erhalten die Mönche und Nonnen eine solche Gebetskette zum Ordensgelübde.
Die Anfänge des Jesusgebetes reichen bis in die Zeit des frühen östlichen Mönchtums zurück (2. und 3. Jahrhunderte). Damals wurden kurze Bibelzitate, oft Psalmverse, immer wieder wiederholt, teils laut ausgesprochen, teils innerlich rezitiert. Mit der Zeit kam in Gebrauch, statt der Bibelzitate den Namen Jesus zu rezitieren. Die Form „Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner“ ist bereits im 6. Jahrhundert belegt. Dies geht auf die Perikope über den blinden Bettler Bartimäus zurück: „Jesus, Sohn Davids, erbarme dich meiner“ (Mk 10,47). Im 12. Jahrhundert gewann in der Ostkirche das sogenannte „Hesychasmus“ an Bedeutung, welcher besonders auf dem Berg Athos praktiziert wurde. Der Begriff ist vom griechischen Wort „hesychia“ abgeleitet und bedeutet „Ruhe“ oder „Stille“. Mit Hesychia verbinden sich die Vorstellungen von Gelassenheit und innerem Frieden. Hesychasten machen die Erlangung und Bewahrung solcher Ruhe zum Ziel intensiver geistlicher Bemühungen. Zu den Verfechtern dieser monastischen Bewegung wird Gregorius Palamas, Erzbischof von Thessaloniki, gezählt, einer der einflussreichsten byzantinischen Theologen und orthodoxen Kirchen insgesamt.
Es gibt keinen einheitlichen Gebetstext. Stets wird der Name Jesu angerufen. Mögliche Formulierungen sind:
Herr Jesus Christus.
Jesus Christus.
Jesus.
Christus Jesus.
Nach der Anrufung des Namens Jesu kann eine Erbarmungsbitte angeschlossen werden. Mögliche Formulierungen sind:
Herr Jesus Christus, erbarme dich meiner.
Herr Jesus Christus, (du) Sohn Gottes, erbarme dich meiner.
Herr Jesus Christus, (du) Sohn Gottes, hab Erbarmen mit mir (Sünder).
Statt der Erbarmungsbitte kann auch eine Bitte um Hilfe geäußert werden. Hierbei sind folgende Formulierungen möglich:
Herr Jesus Christus, steh mir bei.
Herr Jesus Christus, (du) Sohn Gottes, steh mir bei.
Heiligstes Herz Jesu, sei meine Rettung.
Ich persönlich bevorzuge die Form: „Herr, Jesus Christus, Sohn Gottes, erbarme dich meiner.“ In der Ostkirche praktizieren viele Gläubige dieses Gebet, um zur Ruhe zu kommen. Insbesondere in Stresssituationen oder bei Schlafstörungen. Manche kombinieren die Anrufung des Namens Jesu mit dem Einatmen und die Erbarmungsbitte mit dem Ausatmen. Zu guter Letzt hänge ich hier den Link auf das Lied des Jesusgebetes seitens des Chors des Collegium Orientale in Eichstätt an, wo ich selbst fünf Jahre lang studiert und gewohnt habe:
https://www.youtube.com/watch?v=uPkrglMtC94&ab_channel=CollegiumOrientale
Liebe Leserinnen und Leser, diese musikalische Darbietung kann ich Ihnen wärmstens empfehlen.
Das Bild ist unter https://www.pfarrbriefservice.de/image/jesus-rettet?vm=download&rdm=opx9KLxp2VXZ abrufbar.
Ihr Yaroslav Kryzhanovskyy, Pastoralreferent